Individuelle Förderung und Bildungsgerechtigkeit nicht in Sicht

LSV zum Schuljahresbeginn

P R E S S E M I T T E I L U N G
der LandesschuelerInnenvertretung Rheinland-Pfalz
Mainz - 04.08.2008

Individuelle Förderung und Bildungsgerechtigkeit sind nicht in Sicht
- LSV zum Schuljahresbeginn


Die LSV wünscht allen Mitschülerinnen und Mitschülern einen guten Start ins neue Schuljahr. Während die Ministerin am heutigen Vormittag die Neuerungen im kommenden Schuljahr anpries, bekommen die rund 469 000 SchülerInnen und Schüler in Rheinland-Pfalz die Fehlentscheidungen und Versäumnisse der Landesregierung zu spüren.

Individuelle Förderung und LehrerInnenmangel nicht zu vereinbaren

Die individuelle Förderung, die die Ministerin heute als zentrales Anliegen des Landes hervorhob, steht im Gegensatz zu der unzureichenden Versorgung der Schulen mit Lehrerinnen und Lehrern, auf die Bildungsgewerkschaften und -verbände bereits Ende letzter Woche hinwiesen.
Gute individuelle Förderung wird nicht durch die Einrichtung einer Vielzahl von verschiedenen Schultypen erreicht, sondern durch eine tatsächlich gute Unterrichtsversorgung – dies bedeutet die Bereitstellung von mehr als 100% der rechnerisch nötigen LehrerInnenplanstellen, um auch temporären Unterrichtsausfall durch qualifiziertes Fachpersonal ausgleichen zu können.
„Dann ist auch endlich Schluss mit der Flickschusterei, wie wir sie durch das ‚Projekt erweiterte Selbständigkeit’ (PES) kennen“, so Felix Martens, Pressereferent der LSV.
Das hessische Pendant zu PES, bei dem Unterrichtsausfall durch schulexterne, geringer bis gar nicht qualifizierte Lehrkräfte ausgeglichen werden soll, wurde nach den hessischen Landtagswahlen mit den Stimmen der SPD-Fraktion abgeschafft. Es ist höchste Zeit, dass dies auch in Rheinland-Pfalz passiert.

G8GTS auch in Rheinland-Pfalz gefährliches Spiel mit Schülerinnen und Schülern

Die Tatsache, dass das „Turbo-Abi“ in Rheinland-Pfalz in Kombination mit der Ganztagsschule eingeführt wird, ändert nichts an der erheblichen Mehrbelastung der Schülerinnen und Schüler. Die Pflichtstundenzahl erhöht sich massiv. „Die Tatsache, dass man die Schülerinnen und Schüler darüber hinaus dazu verpflichtet, an vier Tagen der Woche bis 16.00 Uhr in der Schule zu bleiben, ändert in keiner Weise etwas an der Belastung und dem Stress, dem die Schülerinnen und Schüler hier genauso wie in anderen Ländern ausgesetzt sind“, so Martens weiter.
Dass auch nach Ende des Ganztagsschultags noch Hausaufgaben gemacht werden und Vokabeln gelernt werden müssen, ist ein Problem, das aus den jetzigen Ganztagsschulen bekannt und laut dem Rahmenkonzept des Bildungsministeriums für G8GTS sogar vorgesehen ist.
„Ohne Eltern oder SchülerInnen die Freude am Schulstart trüben zu wollen, müssen wir darauf hinweisen, dass das Turbo-Abi auch in Rheinland-Pfalz nur für besonders begabte Schülerinnen und Schüler geeignet sei kann. Von der Landesregierung erwarten wir, dass sie sich langfristig zu der Wahlfreiheit zwischen G8- und G9-Schulen bekennt“, ergänzte Hanna Zoe Trauer für den Landesvorstand.

Kein Schritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit

Die Eltern der rund 40.000 Erstklässlerinnen und Erstklässler, die heute und morgen eingeschult werden, geben jeweils 200 – 300 Euro für Lernmittel aus, seien es Bücher, Stifte und Hefte oder andere Unterrichtsmaterialien. Auch in den weiteren Jahren werden ständig neue Ausgaben für Schulbücher fällig. Die 10 – 20 Euro „Kopiergeld“ pro Schüler oder Schülerin, die zu Beginn jeden Schuljahres an der Mehrheit der Schulen eingesammelt werden, kommen noch dazu.
Felix Martens hierzu: „Bildung ist ein Grundrecht, für dessen Finanzierung der Staat zuständig ist. Es wird Zeit, dass es auch in Rheinland-Pfalz endlich wieder die schon seit langem geforderte allgemeine Lernmittelfreiheit gibt – ohne Wenn und Aber. Bis dahin möchte ich die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker unseres Landes bitten, die Begriffe ‚Chancengleichheit’ und ‚Bildungsgerechtigkeit’ nicht mehr selbstbeweihräuchernd in den Mund zu nehmen.“

Bei Rückfragen und für weitere Informationen steht Ihnen unser Pressereferent
Felix Martens gerne zur Verfügung.
E-Mail: felix.martens[at]lsvrlp.de