Statement zur Landtags-Anhörung zum Lehrkräftebedarf in RLP 2012

Die LSV war vom Landtags-Ausschuss für Bildung aufgefordert, eine Stellungnahme zum Gutachten zur Entwicklung des Lehrkräftebedarfs in Rheinland-Pfalz ("Klemm-Gutachten") abzugeben.

Dem ist sie mit folgendem Statement nachgekommen:

An den
Ausschuss für Bildung
des Landtags Rheinland-Pfalz
Deutschhausplatz 12
55116 Mainz

Mainz, 28. August 2012


Stellungnahme zum Gutachten von Herrn Prof. Dr. Klaus Klemm
„Zur Entwicklung des Lehrkräftebedarfs in Rheinland-Pfalz" von Mai 2012

Die LandesschülerInnenvertretung Rheinland-Pfalz begrüßt die Anfertigung dieses Gutachtens als Zeichen der Auseinandersetzungen mit der behandelten Problematik - bedauernswert ist hingegen jedoch, dass dadurch die aktuellen Sparmaßnahmen gerechtfertigt werden sollen.

Das rheinland-pfälzische Schulsystem befindet sich in einer Zeit der Umwandlung: Hauptschulen und Realschulen werden abgeschafft und in Realschulen plus umgewandelt; Integrative Gesamtschulen werden neu gegründet und befinden sich im Aufbau. Auch muss das MBWWK ein inklusives Schulsystem entwickeln um der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht zu werden.

Obwohl die Studie von der vermeintlich höchsten bisher in Rheinland-Pfalz festgestellten Lehrer-Schüler-Relation spricht, ist der Trend des Unterrichtsausfalls gegenläufig: Der strukturelle Unterrichtsausfall wird steigen und hat schon ohne den temporären Unterrichtsausfall über 7% an Berufsbildenden Schulen erreicht.

Die Studie geht aufgrund von zurückgehenden Schülerzahlen in den nächsten 5 Jahren ebenso von einem geringeren Bedarf an Lehrkräften aus. Die dadurch freiwerdenden Geldmittel sollen unter anderem für die Konsolidierung des Haushalts verwendet werden.
Statt weiterer Sparmaßnahmen fordert die LSV endlich eine flächendeckende Unterrichtsversorgung, die ohne Schönrechnerei nur durch weitere Lehrkräfte zu erreichen ist. In der Zukunft kann bei zurückgehender Schülerzahl und etwa gleich bleibender Lehrerzahl durch eine weitere Herabsenkung der Klassengröße mehr individuelle Förderung erreicht werden.

Eindeutig negativ fällt auf, dass die Studie eine Prognose darstellt, die in den kommenden Jahren angepasst werden muss, was viel Verwaltungsaufwand bedeutet und außerdem unnötig viel pädagogisch fragwürdigen Lehrerschulwechsel nach sich ziehen wird. Hiergegen spricht sich die LSV ganz massiv aus. Beim Einstellen der Lehrkräfte ist auch zu berücksichtigen, dass die Lehrkrafttätigkeiten, die nicht unmittelbar mit dem Schulunterricht verbunden sind, nicht so stark abnehmen werden wie die Schülerzahlen und dementsprechend mehr Lehrer gebraucht werden.
Um die Schüler-Lehrer-Relation in Zukunft nicht weiter zu verzerren, sollten solche Lehrkräfte in Zukunft bei der Berechnung außen vor gelassen werden.

Die LSV erkennt keine besonderen Auswirkungen auf die einzelnen Schularten mit der Ausnahme, dass die sehr lobenswerte Absenkung der Klassenmesszahlen an weiterbildenden Schulen (insbesondere an Gymnasium und Realschule plus) inkonsequent und nicht ausreichend ist.
Statt die Klassenmesszahl in der 5. und 6. Klasse auf 25 Schülerinnen und Schüler zu senken und in der 7.-10. Klasse bei 30 zu belassen, sollten gleichfalls die Klassenmesszahlen für die 7.-10. Klasse schrittweise gesenkt werden. Hierfür wären rund 350 Lehrerstellen einzuplanen. Auch dem Risiko einer vermehrten Zusammenlegung von Klassen nach Ende der Orientierungsstufe schon bei einer geringen Anzahl von Schulabgängern wäre man nicht ausgesetzt.

Zur Bewältigung der Anforderungen der Inklusion heißt es in der Studie lediglich: „Der dadurch in Rheinland-Pfalz entstehende zusätzliche Personalbedarf wird bis zum Schuljahr 2016/17 mit 200 Vollzeitlehrereinheiten eingerechnet. Diese zusätzlichen Vollzeitlehrereinheiten werden in Tabelle 9 bei den Förderschulen ‚verbucht' – unbeschadet der Frage, wie das Land inklusiven Unterricht künftig organisieren wird."
Aus dem MBWWK heißt es hierzu lediglich, die Schwerpunktschulen sollen weiter ausgebaut werden.

Dies ist ein guter und wichtiger erster Schritt im langen Weg der Inklusion und Sozialintegration, kann aber nicht der letzte oder gar einzige sein. Bei Inklusion geht es um viel mehr! Zu beachten ist hier besonders die UN-Behindertenrechtskonvention, nach der behinderten Schülerinnen und Schülern der Zugang zu jeder allgemeinbildenden Schule ermöglicht werden muss.
Schwerpunktschulen bleiben also nur eine Übergangslösung. Um dies zu erreichen, müssen nicht nur die eingeplanten 200 Lehrkräfte für die Schwerpunktschulen neu angestellt werden, sondern auch Mittel für die notwendigen Fortbildungen aller rheinland-pfälzischen Lehrkräfte eingeplant werden. Auch bauliche Maßnahmen bspw. für den barrierefreien Zustand müssen eingeplant werden.

Um eine kompetente Betreuung durch die Lehrkräfte gewährleisten zu können, sollte zudem die Lehramtsausbildung wieder mehr Pädagogik sowie Sonderpädagogik enthalten.
Zur Inklusion, die die Aufnahme an jeder Schule, die Integration in der Klasse bzw. dem Kurs, die individuellen Förderung und Leistungsbeurteilungen beinhaltet, müssen umfassende Konzepte entwickelt und verbreitet werden.

Zur Verbesserung von Bildungsstandard und Schullaufbahn sollte das Land die freiwerdenden Geldmittel wieder in die Jugend investieren, also der Bildung und Schulausstattung zukommen lassen. Bildung ist eines der wichtigsten Güter in unserer Gesellschaft und eine kontinuierliche Verbesserung der Bildungschancen und Ausbildungsmöglichkeiten ist letztendlich im Interesse aller.