Für ein besseres Schulsystem

Artikel in der Allgemeinen Zeitung vom 29.03.2017

Nachrichten
Bingen
29.03.2017

Für ein besseres Schulsystem

Von Jochen Werner

LUCIA BERRES
16-jährige Higa-Schülerin kämpft in der Landesschülervertretung für Veränderungen / Grundsätzlich gegen Noten

BINGEN - Sie ist 16 Jahre alt, besucht die elfte Jahrgangsstufe des Hildegardisgymnasiums und hat in den letzten Wochen und Monaten eine besondere Entwicklung genommen. Lucia Berres wurde vor den Sommerferien in die Schülervertretung der Higa gewählt, dann kam sie über die Vertretung im Kreis gar in die LandesschülerInnenvertretung (LSV). Und für diese durfte sie vor einigen Wochen auf dem internationalen Schülerkongress in Budapest für die Bundesrepublik Deutschland auftreten.

„Ich wollte mich engagieren, fand es wichtig, etwas für die Schülerinnen an der Higa zu tun“, erklärt der Teenager. Dass sie Sozialkunde neben Deutsch und Biologie als Leistungskurs gewählt hat, ist quasi logisch. An einem Israel-Austausch, der vom Bildungsministerium organisiert war, hat sie teilgenommen, ihr vierwöchiges Sozialpraktikum im Ingelheimer Flüchtlingsheim abgeleistet. Dazu kam das eigene Engagement, das dazu führt, dass für sie der Schulalltag anstrengender wurde. „Ich muss mich oft entscheiden, ob der Termin wichtiger ist oder der Unterricht. Manchmal ist es schwierig, die Balance zu halten.“ Die Noten sollen darunter nicht leiden: „Ich gebe mein Bestes, dass sie nicht schlechter werden“, sagt sie selbstbewusst.

Von ihrer Reise zum Kongress nach Budapest, veranstaltet in einer Kooperation zwischen dem Dachverband nationaler Schüler- und Schülervertretungsorganisationen (Organizing Bureau of European School Student Unions, kurz OBESSU) und dem Council of Europe (Europarat), schwärmt Lucia. Hier drehte sich sechs Tage lang alles um Inklusion, Menschenrechte und Diskriminierung. „Ich habe sehr viel gelernt“, ist sie für die Erfahrung dankbar.

Was sie ursprünglich als Schülerinnenvertreterin vorhatte? Sie fand es wichtig, dass die Meinungen der Schülerinnen ernst genommen werden, sie sich bei Fragen, aber auch bei Wünschen, wie die Renovierung der MSS-Räume, an ein Team aus Ansprechpartnerinnen wenden können. Bei einer Veranstaltung der Schülervertreter des Kreises Mainz-Bingen hat sie sich als Vorstandsmitglied aufstellen lassen, wurde gewählt und kam schließlich zur dreitägigen LandesschülerInnenkonferenz. „Da wurde ich von einer Freundin und dem alten Vorstand überredet, mich aufstellen zu lassen“, erklärt sie, wie sie teilweise zu ihrem Glück gezwungen wurde.

Und jetzt? Lucia sucht den Dialog. Sie widmet sich Themen aus Schülersicht. „Die LSV sieht das Schulsystem sehr kritisch“, sagt sie. Es sei unheimlich subjektiv und unfair, „es wird nicht individuell auf die einzelnen Personen eingegangen“. Chancengleichheit? „Die ist nicht vorhanden!“, weiß Lucia.

In der LSV ist sie für das Außenreferat zuständig, vertritt deren Meinung in der Öffentlichkeit, auch gegenüber der Politik. Hauptziel ist ein Mehr an Demokratisierung in den Schulen, eine entsprechende Änderung der Schulgesetz-Novelle. Auf dem Plan stehen deshalb regelmäßige Treffen mit einer Juristin. An vielen Lehrinstituten hätten die Schüler in den Gesamtkonferenzen wenig bis gar keine Stimmen. Dabei gehe es hierin um wichtige, die Schüler betreffende Dinge. Ein in der LSV entwickeltes Konzept sehe eine Drittelparität zwischen Lehrern, Schülern und Eltern vor.

Auch wenn Lucia selbst nicht mehr in den Genuss der jetzt angeregten Änderungen kommt: „Ich freue mich, wenn die nachfolgenden Schülergenerationen mit einem besseren Schulsystem aufwachsen“, sagt sie und erklärt, dass die LSV grundsätzlich gegen Noten sei, da diese nur einen subjektiven Vergleich zeigten.


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