Bildung trotz Pandemie - aber wie?

Pressemitteilung der LSV Rheinland-Pfalz

Die aktuelle Situation ist eine große Herausforderung für uns alle und betrifft auch den Schulalltag. Daher erfolgen fortlaufend bildungspolitische Entscheidungen, zu denen die Landesschüler*innenvertretung Rheinland-Pfalz (LSV RLP) hiermit Stellung bezieht.

Stufenweise Öffnung der Schulen

Prinzipiell halten wir den Vorschlag für sinnvoll, Stück für Stück zurückzukehren. Gerade die Abschlussklassen werden so erstmal gut in der Vorbereitung auf ihre Prüfungen unterstützt. Es ist in unser aller Interesse, sobald wie möglich zum normalen Schulalltag zurückzukehren, aber nur, wenn das gesundheitlich ungefährlich ist! Wir machen uns Sorgen, dass die Hygienemaßnahmen an Schulen nicht umsetzbar sein werden. Wir fordern ausreichend Schutz, umsetzbare Konzepte unter der Berücksichtigung von vorerkrankten Schüler*innen und Lehrkräften und örtlichen Gegebenheiten und regelmäßige Kontrollen der Einhaltung der Hygienebedingungen. Beachtet werden muss auch der psychische Zustand der Schüler*innen.

Abitur

Viele Schüler*innen leiden unter der aktuellen Lage, sind verunsichert, in ständiger Sorge um Familienmitglieder und haben alles andere als Abiturprüfungen im Kopf. Genauso gibt es aber Schüler*innen, die sich zum Beginn der Oberstufe auf abschließende Prüfungen eingestellt haben.
Um niemandem rückwirkend Nachteile entstehen zu lassen, aber auch diejenigen nicht zu benachteiligen, die sich in der aktuellen Lage nicht bereit fühlen, Abitur zu schreiben - sei es wegen mangelnder Vorbereitung, gesundheitlichen oder psychischen Gründen -, fordert die LSV grundlegend ein Durchschnittsabitur[1] mit der Möglichkeit, freiwillig Prüfungen abzulegen. Unabdingbar ist aber, eine bundesweite Anerkennung der Abschlüsse sicherzustellen.

Es muss bedacht werden, dass manche Schulen aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht in der Lage sind, die bisher vorgegebenen Hygienemaßnahmen einzuhalten. „Ein scheinbar bisher kaum beachtetes Hindernis - so banal es jetzt klingt - liegt bei den jeweils vorhandenen Toiletten, da die Anzahl der Prüfungsräume die Anzahl der Toiletten nicht übersteigen darf, sodass gewährleistet bleibt, dass nicht mehrere Geprüfte gleichzeitig zur Toilette gehen. Wenn - wie oft der Fall - aber nur 1-2 Sanitäranlagen zur Verfügung stehen, wird es schwierig, etwa 50 Schüler*innen auf zwei Räume aufzuteilen und die geforderten Hygienemaßnahmen gleichzeitig einzuhalten“, berichtet Aylin Gümüş, Vorstandsmitglied der Landesschüler*innenvertretung Rheinland Pfalz. Bei der Bewältigung dieser Hindernisse dürfen Schulen nicht alleine gelassen werden.
Digitalisierung

Die plötzlichen Schulschließungen haben das Problem mangelnder digitaler Infrastrukturen aufgezeigt, hier besteht dringender Nachholbedarf. Der Umgang mit digitalen Medien muss auf Seiten der Schüler*innen und der Lehrkräfte besser eingeübt werden. Landesweit einheitliche Systeme sollen Organisation und Kommunikation, auch zwischen Lehrkräften, verbessern, um Absprachen zu erleichtern und Stress und Chaos zu Hause zu vermeiden.
„Es soll darauf geachtet werden, dass gutes Homeschooling nicht zu einem Luxusgut wird. Es muss eine kontinuierliche Lernbegleitung gewährleistet sein, nicht etwa nur die Bereitstellung von Materialien, anhand derer alle Inhalte selbst erarbeitet werden müssen”, sagt Max Theodor Schmitt, Vorstandsmitglied der LSV RLP.

Allgemein

Wie bei so vielen eigentlich in der Hauptsache Schüler*innen betreffenden Entscheidungen wird auch in der aktuellen Corona-Pandemie über unsere Köpfe hinweg entschieden. Selbstverständlich sind wir nicht die Virolog*innen, aber wir sind diejenigen, die von den Schulschließungen betroffen sind, die in der aktuellen Situation ihre Abiturprüfungen schreiben oder zu Hause lernen sollen. Deshalb ist es uns ein wichtiges Anliegen, den Standpunkt der Schüler*innen mit einzubringen und oberstes Gebot, dass jede sie betreffende Entscheidung im Interesse dieser getroffen wird.

In Entscheidungen, die anhand der wissenschaftlichen Ratschläge und im Dialog mit Lehrer*innen-, Eltern- und Schüler*innenvertretungen getroffen werden sollen, muss einfließen...

… dass wir Schüler*innen nicht immun gegen das Virus und teilweise auch vorerkrankt sind und damit zur Risikogruppe gehören,
... dass wir Schüler*innen Familienmitglieder aus Risikogruppen haben, die wir leicht in Gefahr bringen,
... dass wir Schüler*innen Bildung brauchen, wollen und auch ein Recht darauf haben,
… dass wir gut auf unsere Abschlüsse vorbereitet werden müssen,
... dass es nicht nur um Unternehmen und deren Insolvenz geht, sondern auch um uns, unsere Zukunft und unsere Pläne, die alle auf dem Spiel stehen,
… dass wir Planungssicherheit brauchen, d. h. schnelle und transparente Entscheidungen,
... dass wir Schüler*innen unter der Isolation massiv leiden und dringend die sozialen Kontakte brauchen,
...dass das ständige zu Hause sein das Risiko für häusliche Gewalt erhöht,
… dass das Homeschooling der letzten Wochen nicht tragbar ist: mangelnde digitale Infrastruktur, riesige soziale Ungleichheiten, fehlende Einführungen auf Seiten der Lehrkräfte und der Schüler*innen, schlechte Absprachen.

Wir fordern eine Entscheidung, die nicht leichtfertig mit dem gesundheitlichen Risiko umgeht und zugleich eine faire Bildung garantiert. Auch nur eines von beidem zu vernachlässigen, ist keine Option.


Bei Rückfragen stehen Ihnen gerne unsere Pressereferenten Eric Grabowski und Jonah Simon zur Verfügung:

Eric Grabowski: Eric.Grabowski[at]lsvrlp.de
Jonah Simon: Jonah.Simon[at]lsvrlp.de

Links:

  1. https://www.lsvrlp.de/de/article/4029.durchschnittsabitur-jetzt-erst-recht.html