Zweite Chance für Schüler ohne Abschluss

ddp-Meldung zur Kritik am Projekt »Keine(r) ohne Abschluss«

25.08.2008, 16:26 Uhr – ddp

Zweite Chance für Schüler ohne Abschluss

Ahnen stellt Details zu Projekt »Keine(r) ohne Abschluss« vor - Kritik von CDU und FDP

Mainz (ddp-rps). Mit einem neuen Betreuungskonzept will Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) die Quote der rheinland-pfälzischen Jugendlichen ohne Schulabschluss deutlich reduzieren. Bei einer pädagogischen Fachtagung stellte Ahnen am Montag in Mainz vor rund 300 Teilnehmern Details zu dem Projekt »Keine(r) ohne Abschluss« vor, das zusammen mit der Einführung der neuen sogenannten Realschule Plus im nächsten Jahr in Kraft treten soll. Die Oppositionsparteien kritisierten, dass das Projekt viel zu spät starte. Bildungsverbände lobten das Konzept, mahnten aber auch zu langfristigeren Lösungen.

Ahnen zufolge sollen zunächst an zwei Schulen im Land Förderklassen für Schüler eingerichtet werden, die ihren Hauptschulabschluss im ersten Anlauf nicht erreicht haben. In Gruppen mit maximal 16 Schülern sollen die Jugendlichen individuell gefördert und durch eine praxisnahe Zusammenarbeit mit Betrieben zu einem neuen Versuch des Schulabschlusses motiviert werden.

Im Schuljahr 2010/2011 soll die Zahl der Förderklassen nach Angaben Ahnens dann auf zehn erhöht werden. Sie sollen vor allem an Schulen mit hohen Abbrecherquoten angeboten werden und auch für Schüler umliegender Schulen zugänglich sein. Ziel sei es, die Jugendlichen in ihrem schulischen Umfeld zu behalten und durch eine Ganztagsbetreuung auch soziale Kompetenz wie Selbstorganisation und Pünktlichkeit zu fördern.

CDU und FDP kritisierten das Projekt als »zu spät« und nicht ausreichend. Individuelle Förderung müsse bereits früher beginnen. »Schwächere Schüler müssen in kleinen Klassen vom 5. Schuljahr an gezielt und praxisorientiert gefördert werden und nicht erst, wenn nach einer erfolglosen Schullaufbahn die Motivation der Jugendlichen am Boden liegt«, sagte die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Morsblech.

Auch nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sei es zu spät, das Projekt erst nach dem 9. Schuljahr beginnen zu lassen. Dazu müssten aber auch mehr Lehrkräfte eingestellt werden. »Nachhaltige Erfolge sind ansonsten nicht zu erreichen«, sagte der GEW-Landesvorsitzende Klaus-Peter Hammer.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) bezeichnete das Konzept als »rühmlich«. Fraglich bleibe jedoch, ob es erfolgreicher sein könne als bisherige schulpolitische Vorhaben zur Reduzierung der Schulabgänger ohne Abschluss. Statt eines solchen Notprogramms müssten die Strukturen nachhaltig geändert werden, um Erfolge zu erzielen, sagte der VBE-Landeschef, Johannes Müller.

Auch nach Ansicht der Landesschülervertretung (LSV) greift das Projekt zu kurz. »Der riesigen Zahl von 3600 Schülern pro Jahr ohne Abschluss wird ein Programm entgegengesetzt, dass zu Beginn 160 Schülern eine zweite Chance geben kann. Dass dieses Projekt auch noch den Namen «Keine(r) ohne Abschluss» trägt, ist polemisch«, sagte der LSV-Sprecher Felix Martens.

Im vergangenen Jahr haben nach Angaben des Bildungsministeriums 7,4 Prozent der rheinland-pfälzischen Jugendlichen die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen.

Mitte August hatte das rheinland-pfälzische Kabinett das Schulstrukturgesetz verabschiedet, zu dem neben der Einführung der neuen Realschule Plus auch das Programm »Keine(r) ohne Abschluss« gehört. Der Gesetzentwurf soll bei der nächsten Plenumssitzung in den Landtag eingebracht werden. Für die Reform sind rund 18 Millionen Euro im Haushalt der Landesregierung vorgesehen.

(ddp)