Resolution gegen Studiengebühren

Die nachstehende Resolution wurde angesichts des heutigen BVerfG-Urteils zur Aufhebung des bundesweiten Studiengebührenverbots auf Vollversammlungen an über 50 Hochschulen in Deutschland verabschiedet:

26.01.2004

Resolution für ein gebührenfreies Studium und demokratische Hochschulen

Die Einführung von Studiengebühren im Erststudium steht unmittelbar auf der politischen Agenda. Gleichzeitig drohen die erstrittenen Mitbestimmungsrechte der Studierenden noch weiter eingeschränkt oder sogar vollständig abgeschafft zu werden, wie in Baden-Württemberg und Bayern bereit in den 70er Jahren geschehen. In letzter Konsequenz würden damit wesentliche Ergebnisse der Bildungsreformperiode revidiert, die Entdemokratisierung der Hochschulen noch weiter vorangetrieben und der soziale Grundkonsens in der Bildungspolitik endgültig aufgekündigt. Wir setzen uns weiterhin für eine soziale und demokratische Entwicklung von Hochschulen und der Gesellschaft im Allgemeinen ein. Bundesweit abgesicherte Mitbestimmungsrechte und generelle Gebührenfreiheit des Studiums sind dazu notwendige Voraussetzungen.

Für ein gebührenfreies Studium!

Wir lehnen Studiengebühren aus gesellschafts-, sozial- und bildungspolitischen Gründen ab. Sie lösen kein einziges Problem, sondern verschärfen die Krise des Bildungssystems.

1. Studiengebühren befördern die Privatisierung sozialer Risiken. Bildung wird nicht mehr als ein öffentliches Gut gesehen, dessen Nutzung als allgemeines Recht gilt, sondern als zu erwerbende und zu bezahlende Dienstleistung, mit der jedeR einzelne in sein/ihr 'Humankapital' investiert.

2. Die sozialen Wirkungen und Steuerungseffekte von Studiengebühren sind gesellschaftlich schädlich. Studiengebühren fördern ein antisoziales und entsolidarisierendes persönliches Bildungsverhalten und verstärken die gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit des Wissenschaftssystems. So genannte 'bildungsferne' Schichten werden noch stärker von weiterführender Bildung abgeschreckt.

3. 'Sozialverträgliche' Studiengebühren kann es nicht geben! Das ist ein Widerspruch in sich. Jede Verkoppelung von Bildungschancen mit der - strukturell ungleichen - privaten Einkommens- und Vermögensverteilung in der Gesellschaft reproduziert die entsprechende Ungleichheit in der Bildung.

4. Die Behauptung, Studiengebühren würden die Entscheidungsposition von Studierenden innerhalb der Institution Hochschule stärken, ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Studiengebühren ersetzen Rechts-, Beteiligungs- und Mitwirkungsansprüche durch ein privates Marktverhältnis zwischen VerkäuferInnen und KundInnen. Die neue 'Freiheit' der Studierenden wäre daher lediglich negativer Natur. Sie würde sich auf die Möglichkeit beschränken, zwischen Angeboten wählen zu können, auf deren Zustandekommen sie nicht den geringsten Einfluss haben.

Deshalb fordern wir die grundsätzliche individuelle Kostenfreiheit für alle weiterführenden Bildungswege. Dies bezieht sich nicht nur auf die Ablehnung der direkten Erhebung von Studiengebühren, sondern auch auf alle Modelle von Bildungsgutscheinen und privatem Bildungssparen.

Für demokratische Hochschulen!

Zudem lehnen wir es ab, als Kundinnen und Kunden an die Hochschule zu kommen. Eine Ausweitung der Mitbestimmungsrechte der Studierenden, als größte Mitgliedergruppe an den Hochschulen, ist für eine demokratische Gestaltung der Hochschulen und des Wissenschaftsprozesses zentral. Ohne die Verfasste Studierendenschaft wären die Hochschulen um einiges ärmer. Es fehlte ihnen nicht nur an der ursprünglich durch ihre Einführung nach dem zweiten Weltkrieg intendierten 'Schule der Demokratie'; es fehlte vor allem an gegenseitiger Unterstützung und Hilfe sowie an kritischen Reflexionen politischer und wissenschaftlicher Prozesse. Der Gesellschaft im Allgemeinen fehlte ohne Verfasste Studierendenschaften ein potentieller Akteur, der sich gemeinsam mit BündnispartnerInnen für eine soziale und demokratische Entwicklung einsetzen kann.

Deshalb fordern wir, die uns als gleichberechtigten Mitgliedern an der Hochschule zustehenden Mitbestimmungsrechte und Gestaltungsmöglichkeiten und setzen uns für eine Stärkung der Verfassten Studierendenschaft und eine Ausweitung ihrer Kompetenzen ein.

Weitere Infos: http://www.kein-spiel-mit-bildung.de

und beim bundesweiten Studierendendachverband fzs:
http://www.fzs-online.org