Schüler drängen auf Sexualkunde-Reform

Rhein-Zeitung zur 46. LSK (Thema: Sexualität und Schule)

Schüler drängen auf Sexualkunde-Reform

Rheinland-Pfalz. Gerade ist eine strenggläubige Familie aus Schwaben wegen des Sexualkundeunterrichts in die USA geflüchtet und sucht Asyl.

Die Vorstellungen der rheinland-pfälzischen Landesschülerkonferenz zur Reform des Unterrichts könnten auch weniger konservative Eltern zum Weglaufen animieren.

Die Landesschülervertretung setzt sich vehement dafür ein, dass die Richtlinien für die Lehrpläne des Sexualkunde-Unterrichts erneuert und ihren Wünschen angepasst werden. Die Richtlinien für rheinland-pfälzische Gymnasien und Gesamtschulen sind schon 22 Jahre alt. "Es ist schlimm genug, dass die Inhalte von 1987 für heute immer noch gelten", sagt Hanna Zoe Trauer (17), Gymnasiastin aus Mainz und Vorstandsmitglied der Landesschülervertretung, gewähltes Organ der Schülerinnen und Schüler von 160 Gymnasien und Gesamtschulen. Das Thema dominierte die jährliche Landesschülerkonferenz unter dem Motto "Finde den Unterschied - Sexualität und Geschlechterverhältnisse in der Schule".

Zwar könnten zum nächsten Schuljahr neue Richtlinien in Kraft treten. Das aber steht noch lange nicht fest. "In den vergangenen Jahren ist die Überarbeitung der Pläne immer wieder aktuellen, politischen Gründen zum Opfer gefallen", erklärt Ute Schmatzinski-Damp, die als Referentin am Ministerium für Lehrpläne des naturwissenschaftlichen Unterrichts zuständig ist. Eine unter anderem aus Schüler-, Lehrer- und Elternvertretern bestehende Arbeitsgruppe hat bereits neue Richtlinien erstellt. Diese werden aber noch geprüft. Und sind auch nicht nach dem Geschmack der Landesschülervertretung. Es fehle etwa der Aspekt, dass Sex vor allem lustbedingt stattfindet. "Das Thema Sexualität ohne den Lustaspekt zu betrachten, führt die Novellierung der Richtlinien ad absurdum, da diese auf einem modernen Weltbild und Jugendverständnis aufbauen, in dem Lust eine zentrale Rolle spielt und weiterhin spielen sollte", argumentieren die Schüler.

Zudem sind sie der Meinung , dass bisherige Randthemen stärker in den Fokus gerückt werden sollten. So sollen Homo-, Bi- und Transsexualität stärker thematisiert werden. "Wir sehen das dadurch gerechtfertigt, dass gerade der Bereich der sexuellen Orientierung ein stark in der jugendlichen Sexualität verankerter Punkt ist, der jedoch kaum thematisiert wird - vor allem in der Schule, dem Lebensraum für junge Menschen, die dieses Thema betrifft", heißt es vonseiten der Landesschülervertretung.

"Ich kann verstehen, dass die Forderungen von den Lehrern ein Höchstmaß an Sensibilität erfordern", sagt Julian Knop vom Nikolaus-von-Kues-Gymnasium in Bernkastel-Kues, der sich offen zur Homosexualität bekennt. "Aber es ist der falsche Weg, sie komplett zu verschweigen. Und das wird überall gemacht."

Dem 18-Jährigen ist es zudem ein Dorn im Auge, dass Homosexuelle noch lange nicht toleriert werden. "Es ist sogar so", erzählt er, "dass das Wort schwul für alle möglichen Dinge als Beleidigung herhalten muss. Die Schule ist schwul, Lehrer sind schwul, sogar Hausaufgaben sind schwul. So lange Lehrer in diesen Sprachgebrauch nicht eingreifen, wird sich daran nichts ändern."

(Marco Plein)
RZO

http://rhein-zeitung.de/on/09/04/06/rlp/t/rzo554383.html