LSV und GEW: Schulhäuser verkommen zunehmend

Presseinformation

GEW: Schulhäuser verkommen zunehmend

Bildungsgewerkschaft übt massive Kritik an der gegenwärtigen Praxis und sieht dringenden Handlungsbedarf


„Für die Renovierung von Schulen und Hochschulen besteht in Rheinland-Pfalz allergrößter Nachholbedarf“, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rheinland-Pfalz, Klaus-Peter Hammer, heute vor der Presse. Unterstützt wurde er von Alexander Lang, Mitglied des Landesvorstandes der LandesschülerInnenvertretung Rheinland-Pfalz. Sowohl GEW als auch LSV begrüßten, dass im Rahmen des Konjunkturpaketes II Bundesmittel für die Renovierung von Schulen und Hochschulen bereit gestellt werden.

Hammer bezog sich bei seiner Aussage auf die Ergebnisse einer Umfrage der GEW, an der sich 224 Schulpersonalräte beteiligt hatten. „Das Ergebnis der Umfrage ist erschreckend“, so der GEW-Landesvorsitzende, „da es eindeutig belegt, dass an den meisten Schulhäusern dringend notwendige Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen seit Jahren aufgeschoben bzw. nur mit großer Zeitverzögerung durchgeführt werden.“

LandesschülerInnenvertreter Lang beschrieb auch den offenkundigen Unmut bei den rheinland-pfälzischen Schülerinnen und Schülern. „Auf unsere Frage hin haben sich einige Schülerinnen und Schüler gemeldet, die die Mängel an ihrer Schule durchaus für gesundheitsschädlich halten. Uns wurden Fotos zugesandt, die nasse Wände, bröckelnden Putz und überfüllte Müllcontainer zeigen.“

Lang gab den Bericht eines Schülers wieder, dessen Schulleitung aufgrund von Geldmangel äußerst kreativ bei der Raumnutzung agiert: „Mittlerweile haben einige ihre Mathe Stunden in der Küche, viele Klassen müssen in den Biologie- oder Physik/Chemiesaal ausweichen, auf der Toilette der männlichen Lehrkräfte stehen die Mofas der Mofa AG, auf dem Schulhof stehen 2 Container, in die 3 Klassen gehen müssen. Wir hatten z. B. in den Containern die letzten Wochen kein Wasser, weil es eingefroren war. Durch unsere Aula wurde eine dünne Wand gezogen, damit dort 2 Klassen unterrichtet werden können und ein SV-Zimmer, einen Kunstraum oder einen Musikraum gibt es natürlich auch nicht.“

Die Zahlen belegen nach Einschätzung der GEW, dass es innerhalb der öffentlichen Schulträger in Rheinland-Pfalz (Gemeinden, Städte, Landkreise) eine „Zweiklassengesellschaft“ gibt. Nur noch etwa 30 % der Schulhäuser würden nach Angaben der Personalräte regelmäßig und kontinuierlich instand gehalten. Bei 39 % der Gebäude würden selbst bekannte gravierende Mängel nur nach mehrmaliger Reklamation zeitverzögert behoben, bei 16 % erfolge die Behebung zum Teil erst nach Jahren oder überhaupt nicht. „Unsere Kolleginnen und Kollegen werden dadurch in ihrer Arbeit teilweise massiv beeinträchtigt (so die Antwort von 68 % der Befragten), sogar gesundheitliche und sicherheitsrelevante Risiken (so 26 % der Befragten) müssen hingenommen werden“, monierte Hammer. Schimmel, Feuchtigkeit, undichte Fenster, verschlissene Fußböden, fehlender Sonnenschutz seien die in der Umfrage meistgenannten Mängel.

Als weiteres Problem erweise sich nach Aussage der befragten Personalräte die Gebäudereinigung. Die Vergabe der Reinigungsaufträge von ehemals eigenem Personal an Fremdfirmen habe zu einer gravierenden Verschlechterung der Reinigungsqualität geführt. „Das Firmenpersonal hat zu wenig Zeit“ sei eine immer wiederkehrende Kritik in der Umfrage, „da der billigste Anbieter den Zuschlag erhält“. Zurzeit, so die GEW, werden ca. 58 % der Schulen mit steigender Tendenz durch Fremdfirmen gereinigt. Für die Reinigung von Türgriffen, Fenstern, Regalen gebe es so gut wie keine Zeit mehr. Klassensäle würden überwiegend nicht mehr täglich feucht gereinigt, mehr als 60 % sogar nur einmal pro Woche bzw. einmal pro Monat.

Abhilfe schaffen häufig Schülerinnen und Schüler, die klassenweise zum sogenannten „Hofdienst“ angehalten werden. „Viele verbringen ihre Pausen mit dem Aufsammeln von Müll. Bei anderen fällt dafür sogar kurzzeitig der Unterricht aus“, so SchülerInnenvertreter Lang weiter.

Die Mängel in der Reinigung werden zu 46 % als gravierend und zu 17 % sogar als gesundheitsschädlich beurteilt. Sporthallen und Toiletten werden immer wieder als große Problembereiche genannt, genauso wie fehlende Hausmeister bzw. die Tatsache, dass ein Hausmeister neuerdings für mehrere Schulen zuständig ist. „Frustrierend, armselig, unwürdig und beschämend“ bezeichnen die Befragten immer wieder den Zustand der Schulen.

Die Ursache der Gesamtproblematik liegt nach Einschätzung der GEW nur zum Teil an der Bereitschaft der Schulträger. „Wir haben allerdings genügend Beispiele, aus denen hervorgeht, dass mit relativ geringem Aufwand Abhilfe geschaffen werden könnte. In diesen Fällen muss die Kommunikation verbessert, müssen Mängelmeldungen ernst genommen werden“, forderte der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft. Das größere Problem sei die in vielen Fällen belegte Finanznot der Kommunen, die mit den Mitteln aus dem Konjunkturpaket II vordringlich unterstützt werden müsse, so die Forderung des GEW-Landesvorsitzenden.

„Es ist allerhöchste Zeit zum Handeln“, sagte Hammer und verwies darauf, dass mittlerweile auch der Städte- und Gemeindebund, der in der Vergangenheit im Verständnis seiner Rolle eher als Bremser und weniger als Beschleuniger aufgetreten ist, das Problem erkannt hat. Die Aussage seines Vorsitzenden Gerd Landsberg, dass ein bundesweiter Sanierungsbedarf bestehe, der sich auf 73 Mrd. Euro erstrecke, belegt die Brisanz der Problematik. Somit ist das von der Bundesregierung bereitgestellte Geld für die Sanierung von Schulen aus dem Konjunkturpaket II von 670 Millionen Euro je Bundesland richtig, aber nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

„Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte brauchen gute Rahmenbedingungen, auch was die Gebäude und die Gebäudeausstattung betrifft. Jede weitere Zurückhaltung wäre völlig unakzeptabel“, betonte Hammer.

30. Januar 2009

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